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Radsport-Fans zeigen ZDF die rote Karte

Die olympischen Spiele sind ein Highlight für eine Vielzahl von Sportbegeisterten in ganz Deutschland, denn endlich rücken Sportarten in den Vordergrund, die ansonsten von großen Medien gemieden werden. Doch ziehen die öffentlich-rechtlichen Berichterstatter scheinbar eine Skandalberichterstattung vor. Von deutschen Radsport-Fans erhielt das ZDF gestern bereits die „rote Karte“.

Torsten Bogdenand / pixelio.de
Torsten Bogdenand / pixelio.de

Nachdem ich am Freitag nur kurz in die Eröffnungsfeier der olympischen Spiele 2012 reingeschaut hatte, freute ich mich am gestrigen Samstag auf die ersten Entscheidungen. Doch die Lust verging mir recht schnell. Kurz vor dem Start des Straßenrennens der Männer vermieste mir das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) die Vorfreude. Statt die Favoriten vorzustellen und auf die deutschen Radsportler hinzuweisen, legte das ZDF lieber einmal mehr den Fokus auf das Thema Doping. Den Bericht kann man mittlerweile in der ZDF Mediathek ansehen.

Die Dopingproben von 196 Fahrern der diesjährigen Tour der France wiesen keinerlei Auffälligkeiten auf. Rémy di Grégorio war im Besitz von Dopingmitteln, damit sollte die Schuldfrage schon geklärt sein, doch bei Fränk Schleck sieht die Sache etwas anders aus. Weder steht die beim Luxemburger gefunden Substanz auf der Doping-Liste, noch ist klar, welchen Leistungsschub ein Diuretikum, also ein Entwässerungsmittel, einem Radsportler bringen soll, der stundenlang durch die französische Sommerhitze radelt. Der Begriff „doping to lose“ machte nach Bekanntwerden des Falls die Runde, also eine Art Sabotage-Akt auf Schleck. Man kann gespannt sein, welche Details in diesem Fall noch ans Licht kommen und ob die Medien dann ähnlich enthusiastisch berichten, wie beim medialen Schuldspruch für Fränk Schleck. (Beispiel 1 /Beispiel 2)

Die objektive Berichterstattung blieb leider auch während des Rennens aus und gipfelte in der Dreistigkeit von ZDF-Live-Kommentator Peter Leissl, der die Zieldurchfahrt des neuen Olympiasiegers Alexandre Winokurow mit den Worten „Warten wir die Dopingprobe ab“ abwertete. Von deutschen Radsportfans erhielt Leissl im Anschluss die „rote Karte“.

Es ist sicherlich wichtig das Thema anzusprechen, leider geschieht dies fast ausschließlich beim Radsport. Dabei wird im Radsport wohl so viel getestet, wie in kaum einer anderen Sportart, wodurch glücklicherweise die schwarzen Schafe auffliegen. Andere Sportarten, vor allem die Lieblinge der Massen, bleiben meist außen vor. Daniel Drepper erklärte im Juni warum es keine Bluttests im Fußball gibt:

[quote]Einfach keine Lust auf Blutkontrollen
Nach der Sitzung wurde deutlich, dass der Fußball offenbar bisher einfach keine Lust auf Blutkontrollen hat und die NADA keine Handhabe, diese Kontrollen gegen den Willen des Fußball durchzusetzen. Ob sich das in Zukunft ändert? (…) Den DFB habe ich gleich gestern früh gefragt, warum er keine Blutkontrollen in Auftrag gibt, bislang aber keine Antwort bekommen.[/quote]

Es bleibt die Frage, wieso ARD und ZDF die Live-Berichterstattung von der Tour de France nach der Vielzahl von Dopingfällen während der Ära Jan Ullrich ausgesetzt haben, dann aber so inkonsequent sind und das Straßenradrennen bei Olympia übertragen, immerhin fahren dort die gleichen Fahrer mit, wie im restlichen Radsport-Jahr. Werden die öffentlich-rechtlichen Sender auch von Olympia oder anderen großen Sportevents ablassen, falls bei den Leichtathleten, Schwimmern oder gar den Fußballern Doping-Fälle bekannt werden? Vermutlich nicht, denn dafür sind die Einschaltquoten einfach zu hoch.

Ich empfehle die Live-Berichterstattung bei Eurosport. Insbesondere beim Radsport wird differenziert berichtet, ohne ein Thema totzuschweigen oder aufzubauschen. Hinzu kommt, dass gestern wohl weitaus mehr Live-Sport übertragen wurde, als es beim ZDF der Fall war, wo zwischen den kurzen Live-Sequenzen meist nur „Olympia kompakt“ oder sonstige Aufzeichnungen ausgestrahlt wurden.

2 Antworten auf „Radsport-Fans zeigen ZDF die rote Karte“

Ich habe früher oft die Tour de France geguckt. Zwar nur selten live aber dafür die abendliche Zusammenfassung. Seit das Thema Doping dermaßen überhand genommen hat, ist mein Interesse daran aber verflogen. Der Fall Jan Ullrich hat dem deutschen Radsport geschadet wie kein anderer.

Ich finde die Entscheidung von ARD/ZDF die Tour de France nicht mehr live zu übertragen absolut nachvollziehbar. Genauso wie die Entscheidung die olympischen Radwettbewerbe zu übertragen, da diese in einem großen Sportereignis eingebettet sind.

Nachvollziehen kann ich die Entscheidung der Nicht-Übertragung der Tour ja auch, allerdings stört mich die Inkonsequenz der Öffentlich-Rechtlichen und vor allem gestern störte mich das Undifferenzierte an der Berichterstattung.

Was ist mit den Doping-Fällen bei der Leichtathletik, wieso werden trotzdem Meisterschaften übertragen. Wieso gibt es keine Berichterstattung über das Ablehnen von Doping-Tests im Fussball, bzw. wieso wird nicht auch beim Fussball mal genauer hingeguckt?

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